Wir fordern Aufklärung aufgrund der offiziellen Akten und haben Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann angeschrieben

Aufgrund der Widersprüche in den uns vorliegenden offiziellen Akten des Gesundheitsministeriums NRW und den Aussagen der Beteiligten im Verfahren haben wir Gesundheitsminister Laumann angeschrieben.

Hier das Anschreiben Herr Minister Laumann als PDF

[Pressefoto Minister Laumann]

Herr Minister
Karl-Josef Laumann
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen
Fürstenwall 25
40219 Düsseldorf

Haltern am See, 09.06.2021

Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister Laumann,

Herr Bürgermeister Stegemann aus Haltern am See hat uns ein Schreiben von Frau Ministerialrätin Hommel, vom 12.5.2021 über den geplanten Standort Haltern 1/2 für eine forensische Klinik zur Verfügung gestellt. Einen Standort, der laut aktuell gültigem Regionalplan mit der entsprechenden Zweckbestimmung gar nicht bebaut werden dürfte, sondern seit langem für die Renaturierung vorgesehen ist. Diese geplante Wiederaufforstung aufgrund von Verträgen halten wir bedingt durch die Dramatik beim Klimawandel und dem drohenden Waldsterben für dringend erforderlich.
Mit dem Schreiben begründet Frau Hommel Ihre Entscheidung für den am besten geeigneten Standort Haltern 1/2 mit den sachlichen Kriterien aus dem Kriterienkatalog des Landes Nordrhein-Westfalen.
Aufgrund unserer Akteneinsichten, den Gesprächen mit leitenden Mitarbeitern des MAGS über die Rolle von politisch Verantwortlichen, dem Schreiben der ehemaligen Ministerin Barbara Steffens [Anlage 1] mit abgesprochenen Textpassagen müssen wir feststellen, dass die Entscheidung rein gar nichts mit dem im Schreiben geschilderten Sachkriterien zu tun hat. Dies werden wir nachfolgend darlegen.

Am 22.5.2015 hatten wir mit drei Mitgliedern unserer Bürgerinitiative einen ersten Termin im Gesundheitsministerium in Düsseldorf. Dieser Termin war folgendermaßen gegliedert. Es fand zunächst eine Einsicht in die völlig unsortierten Unterlagen zum Bau einer Forensik in Haltern am See statt. Anschließend erfolgte eine Besprechung u.a. mit dem leitenden Ministerialbeamten Herrn Falk Schnabel. In den Akten haben wir an diesem Tag u.a. folgende Unterlagen in Verbindung mit Herrn Josef
Hovenjürgen als Vorschlaggeber für den Standort Haltern 1/2 vorgefunden.
[Anlage 2-6]
Diese Schreiben und Aktenvermerke sind von den unterschiedlichsten Personen verfasst.
Aufgrund dieser vorgefundenen Unterlagen haben wir im anschließenden Gespräch mit dem leitenden Ministerialbeamten Herrn Schnabel die Rolle der politisch Verantwortlichen der Stadt Haltern am See hinterfragt. Hinsichtlich der lückenhaften und nicht nachvollziehbaren Aktenlage
erklärte uns Herr Schnabel, dass viele Dinge in dem Verfahren auch telefonisch geklärt wurden. Über die Gesprächsinhalte dieser Telefonate wurden keine Aktenvermerke erstellt.
Dass Herr Hovenjürgen mehrmals in den vorliegenden Akten vermerkt ist, wurde von Herrn Schnabel folgendermaßen begründet.

Er zeigte uns einen Zeitungsartikel vom Januar 2013, der sich nicht in den für uns zur Verfügung gestellten Unterlagen befand. Auf diesen Zeitungsartikel wies auch die ehemalige Ministerin Barbara Steffens in Ihrem Schreiben hin. In diesem Artikel wurde über die Forensik in Haltern am See in Verbindung mit dem Standort Haltern 1/2 und Herrn Hovenjürgen berichtet.
Herr Schnabel bemerkte dazu sinngemäß folgendes.
Die Sekretärin, die mit der Aktenführung betraut war, hätte diesen Zeitungsbericht im Januar 2013 gelesen. Daraufhin hätte sie gefolgert, dass Herr Hovenjürgen der Vorschlaggeber für den Standort Haltern 1/2 in Haltern am See gewesen sei. Dadurch ist Herr Hovenjürgen in die internen Akten des Ministeriums gelangt.

Wenn wir nun die oben aufgeführten Unterlagen [Anlage 2-6] genauer betrachten, müssen wir aber feststellen, dass die verschiedenen Vermerke und das Anschreiben z.B. an den ehemaligen Bürgermeister Bodo Klimpel schon im Dezember 2012 erfolgt sind. Mit dieser Aussage wurde uns gegenüber wissentlich die Unwahrheit gesagt.

Im Oktober 2012 fiel die Standortentscheidung für AV9 zum Bau einer forensischen Klinik in Haltern am See.

Kurze Zeit später, am 14.12.2012 gab es folgendes Anschreiben aus dem Gesundheitsministerium mit Fragestellungen [Anlage 2] an den ehemaligen Bürgermeister Herrn Bodo Klimpel.
Da wir in den Unterlagen kein entsprechendes Antwortschreiben der Stadt Haltern am See gefunden haben, nahmen wir Kontakt mit Herrn Schnabel auf um dies zu hinterfragen.
Nach erstmaliger Verweigerung der Antwort [Anlage 8und nochmaliger Nachfrage ist uns folgendes Antwortschreiben [Anlage 7] zugestellt worden. Zudem gibt es einen internen Aktenvermerk des Gesundheitsministeriums, dass die Stadt Haltern am See Gespräche mit der RAG Montan Immobilien GmbH und dem RVR führen wird [Anlage 11]

In einer weiteren Akteneinsicht beim Gesundheitsministerium sind uns diverse E-Mail Verläufe von Herrn Schnabel an Herrn Klimpel aufgefallen.

17.06.2015 [Anlage 8Herr Schnabel bittet Herrn Klimpel um Überprüfung einer vorgefertigten E-Mail, die an die Bürgerinitiative gesendet werden soll.

25.06 2015 [Anlage 9] 17:02 Uhr Übermittlung der vg. E-Mail an die Bürgerinitiative durch Herrn Schnabel mit der Annahme, dass die BI mit der Weiterleitung an Herrn Klimpel einverstanden ist.

25.06.2015 [Anlage 9] 17:07 Uhr sofortige Übermittlung der vg. E-Mail an Herrn Klimpel, ohne das Einverständnis von uns abzuwarten.

21.07.2015 [Anlage 10] nochmalige Information von Herrn Schnabel an Herrn Klimpel über eine vorgefertigte Mail an die BI. Herr Schnabel fragt Herrn Klimpel ob von seiner Seite aus Bedenken gegen den Inhalt der Mail bestehen.

Wenn wir diese Mails von Herrn Schnabel näher betrachten, müssen wir von einem starken Vertrauensverhältnis zwischen dem Gesundheitsministerium und der Stadt Haltern am See ausgehen. Dass unsere internen Gespräche als Bürgerinitiative mit dem Ministerium ohne unsere Zustimmung in alle Welt verbreitet werden, finden wir unerträglich. So wird der Einsatz von ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Haltern am See diskreditiert.

Zu dem Schreiben der ehemaligen Ministerin Barbara Steffens [Anlage 1] liegen uns folgende Informationen vor. Eine interne Mail vom 17.06.2015 die von Herrn Schnabel direkt an Herrn Klimpel gerichtet wurde [Anlage 8]. Dabei wird Herrn Klimpel angeboten, die spätere Antwort an uns zu prüfen, mit dem Hinweis ob Ergänzungs- oder Änderungsbedarf besteht.
In dieser Mail wird Herr Klimpel informiert, dass die BI nach einem Antwortschreiben der Stadt Haltern am See in Bezug auf die Anfrage des Ministeriums vom 14.12.2012 [Anlage 2] nachfragt. Weiterhin wird Herr Klimpel von Herrn Schnabel informiert, dass das entsprechende Antwortschreiben vorgefunden wurde. Trotzdem wird uns am 25.06.2015 [Anlage 9] von Herrn Schnabel mitgeteilt, dass dieses Schreiben nicht bekannt ist.

Darüber hinaus sind wir verwundert, dass die gleichen gelbmarkierten Textpassagen in der Mail von Frau Steffens an Herrn Hovenjürgen [Anlage 1] und in der internen Mail vom 17.06.2015 [Anlage 8] verwendet worden sind. Diese Passage ist als Entlastung von Herrn Hovenjürgen und Vertretern der Stadt in dem Schreiben der Ministerin verwendet worden.

Es ist schon ein starkes Stück, dass sich die ehemalige Ministerin Barbara Steffens auf vorher abgestimmte Textpassagen zwischen dem leitenden Ministerialbeamten des Fachbereiches des Gesundheitsministeriums und dem Verantwortlichen der Stadt Haltern am See bezieht.
Die gleiche Vorgehensweise können wir in der Mail vom 21.07.2015 [Anlage 10] erkennen, in dem Herr Klimpel wieder vorab von Herrn Schnabel informiert worden ist. Auch hier wurde die mögliche Antwort an uns vorgestellt mit der Frage, ob Bedenken seitens Herrn Klimpel bestehen.

Da in den vg. E-Mails auch sämtliche Vorgesetzte und leitende Mitarbeiter des Ministeriums in Cc und dadurch in Kenntnis gesetzt worden sind, können wir hier nicht von einer Handlung eines einzelnen Herrn ausgehen.
Aufgrund unserer geschilderten Vorgänge mit den angehängten Unterlagen aus dem Ministerium stufen wir das Schreiben der ehemaligen Ministerin Barbara Steffens hinsichtlich dieser unhaltbaren Vorgänge als sehr fragwürdig ein.

Am 17.12.2018 beantragten wir zu dritten Mal Akteneinsicht aller Akten in dem Zeitraum von 2012 bis 2018. Die neuerliche Ausgabe der Akten von 2012 bis 2017 wurde von dem zuständigen Sachbearbeiter des Ministeriums nicht stattgegeben. Die Begründung war dass wir diese schon gesichtet hatten und sich im Sachverhalt nichts geändert habe.

Aufgrund dieser geschilderten Vorkommnisse müssen wir davon ausgehen, dass eine sachliche im Hinblick auf die Geeignetheit eines Forensikstandortes nicht auf der Grundlage und im Sinne des Kriterienkataloges des Landes NRW basiert. Ein transparentes und nachvollziehbares Auswahlverfahren ist in keinster Weise zu erkennen.

Wir stellen fest, dass vorgeschlagene Grundstücke mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt wurden. Grundstücke die mit der Begründung sie seien Bestandteil eines Entwicklungsprojektes sind immer noch Brachland.

Wir müssen davon ausgehen, dass bei der vorliegenden Konstellation mit der entsprechenden
Aktenlage und den Absprachen Ihres Ministeriums gar kein Interesse bestand und weiterhin nicht besteht, sich auf Alternativgrundstücke zu konzentrieren und diese ausreichend zu prüfen. Hierzu gehören auch Grundstücke die in den Jahren 2012 und 2013 noch gar nicht zur Verfügung gestanden haben, wie beispielsweise die Grundstücke der ehemaligen Schachtanlage Prosper-Haniel in Bottrop.

Durch das Schreiben der ehemaligen Ministerin Barbara Steffens, das Verhalten der o.g. Beteiligten ist das komplette Verfahren der Standortentscheidung nicht nachvollziehbar und die Informationspolitik dazu unserer Meinung nach skandalös.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

  • Werden alle Standorte für forensische Kliniken in NRW so festgelegt?
  • Werden so besorgte Bürger in Verbindung mit dem sensiblen Thema „ Forensik“ mitgenommen?
  • Warum gibt es einen Kriterienkatalog, wenn dieser mit solchen unglaublichen Vorgängen ausgehebelt wird?
  • Warum werden über Telefongespräche in einem so sensiblen Themenfeld keine Aktenvermerke erstellt, obwohl dies eine gängige Praxis in den Verwaltungen ist?
  • Aufgrund der Aussagen in dem Schreiben der ehemaligen Ministerin Barbara Steffens mit den vorher abgestimmten Textpassagen entsprechen alle Akten, die wir einsehen konnten anscheinend nicht der Wahrheit.
  • Sehen wir das so richtig ?

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Kehrel und Volker Klose
(1. und 2. Sprecher der Bürgerinitiative “Keine Forensik im Naherholungsgebiet Haard”)